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⛔ WARE MENSCH Babykauf leichtgemacht

Begonnen von Bastian, 03. April 2023, 16:36:04

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Bastian

⛔ WARE MENSCH
Babykauf leichtgemacht

Messe für Kinderwunsch und Leihmutterschaft in Berlin: Nicht verboten, über in BRD Verbotenes zu »informieren«


Feministischer Protest gegen die Ausbeutung von Frauenkörpern durch die Fortpflanzungs�industrie

Vor einem großen Berliner Hotel protestiert eine feministische Gruppe. Drinnen erzählt die Fortpflanzungsindustrie Paaren und Singles mit unerfülltem Kinderwunsch, wie sie ein Baby durch Leihmutterschaft und Eizellspende bestellen können – trotz Verbots in Deutschland. Einblicke in eine Welt voller Märchen.

Ein zartblumiges Hemd, lockere Jeans – der Vortragende wirkt entspannt, sympathisch und entwaffnend ehrlich. Um knallhartes Geschäft soll es hier in den großen Seminarräumen der zweitägigen Messe nicht gehen. Agenturen und Kliniken aus dem Ausland wollen in Kontakt mit ihrer zukünftigen Kundschaft aus Deutschland kommen – wohlhabenden Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch. Der deutsche Lobbyist greift fröhlich zum Mikrofon und erzählt, er und sein Mann hätten zwei Kinder aus Leihmutterschaft. Es sei »gelebte Realität in Deutschland«, es solle Schluss mit dem »Stigma« sein. Über einen Verein arbeite er daran, »den Weg zu einer neuen Gesetzgebung« zu ebnen.

Wie in mehreren EU-Ländern ist es in Deutschland laut Embryonenschutzgesetz verboten, eine durch In-vitro-Fertilisation befruchtete Eizelle in die Gebärmutter einer anderen Frau zu implantieren. Nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz ist es auch strafbar, eine Leihmutter zu vermitteln. Hierzulande gilt als Mutter immer diejenige, die das Kind ausgetragen hat, auch wenn das mit der Eizelle einer anderen Frau geschah. Im Interesse des Kindes solle es keine gespaltene Mutterschaft geben.

Trotzdem darf die Messe Mitte März erneut stattfinden. Hinter vorgehaltener Hand sagt ein Experte: »Die Messe darf so stattfinden, weil hier nicht geworben wird. Es gibt keine Verkaufsgespräche. Es ist kein Markt, sondern einfach eine Information. Darstellen darf man immer – es wäre sonst eine Verletzung der Meinungsfreiheit.« Preise zu benennen sei auch »einfach eine Information«. Nur Vergleiche seien verboten, wie zum Beispiel: »Bei ihm kriegst du es für soundsoviel, bei mir viel günstiger.«

Siebenmal gab es auch schon

So darf der freundliche deutsche Lobbyist unbeschwert erzählen, wie er und sein Mann zu ähnlich aussehenden Kindern gekommen seien. Die entnommenen Eizellen derselben Frau ließen sie jeweils durch ihr Sperma befruchten. Die Embryos wurden in die Körper zweier weiterer Frauen, der Leihmütter, eingepflanzt. Ihre Kinder hätten »dieselbe biologische Mutter« – die Eizellspenderin. Ihr Tip: Keine eigene Eizelle der Leihmutter verwenden. Das fremde genetische Material habe den Vorteil, dass die Leihmutter sich weniger an das Kind in ihrem Bauch binde.

In einem Einzelgespräch sagt er, sie seien bei den Geburten dabeigewesen, um die Nabelschnur selbst zu durchtrennen und das Baby gleich an ihre eigene Brust zu legen. Sofort Papageruch – das sei das beste, um das Baby an sich zu binden. Die Leihmutter dürfe deswegen keinen Körperkontakt haben. »Einen Moment des Abschieds« hätten sie ihr trotzdem später ermöglicht. Es habe gut gepasst: Sie mussten noch Formalitäten vor Ort regeln.

Eine Beraterin schwärmt, die Leihmütter würden es lieben, schwanger zu sein. Nach der Entbindung halten sie einmal das Baby fest in den Armen, und dann – »zack!« – geben sie es ab und schlafen zwei Tage lang durch. Nicht alle würden die Tabletten gegen den Milcheinschuss nehmen. »Sie fühlen sich gesegnet, so oft das Geschenk des Lebens weitergeben zu dürfen«, fügt eine Kollegin mit Engelszunge hinzu. Sie koordiniert eine Gruppe von Leihmüttern. Sie empfiehlt ihnen: maximal fünfmal. Aber siebenmal gab es auch mal.

Schönrederei und Gefühlsduselei, um Schatten zu verdrängen – das prägt das Communityfeeling. Man duzt sich gerne. Eine als Storch verkleidete Frau mit rosa Banner »Wir machen Glück« verteilt lächelnd Flyer, auf ihnen lauter Wonneproppen. In den Griffen von Werbestiften schwimmen blaue Plastikspermien und rosa Eizellen in einer Flüssigkeit zueinander hin. Am Ende des ersten Tags gibt es Bier und Wein kostenlos, der Eintritt war frei.

Am Stand direkt am »Regenbogenseminar« halten muskulöse Männer ein braves Kind hoch in ihren Armen – ein hübsches Verkaufsargument. Im Zentrum der maximal 30minütigen Vorträge stehen nicht Ethik und Moral, sondern Gesetze, Versicherungen, Kostensenkung, Absicherung durch Anwälte oder die Forderung, jeder Mensch habe das Recht auf ein Baby.


Millionengeschäft für Unternehmen wie die ukrai�nische Feskov Human Reproduction Group

Medizinisch geht es um die Auswahl der richtigen Eizellenspenderin, damit das Kind durch die gewünschte Augen-, Haar- oder Hautfarbe in der Familie optisch nicht auffällt. Es geht um das Testen auf Defekte an Embryos oder deren preiswerten Transport in ein anderes Land, das Leihmutterschaft erlaubt. Der Kunde ist König, sein Wunsch Befehl, alles scheint machbar, das gewünschte Geschlecht für das Baby sowieso. Die Bestelleltern müssen keine Voraussetzungen wie bei einer Adoption erfüllen – nur Geld ist nötig.

Geht es mal um die Leihmütter, dann um zu bestätigen, sie würden gut gecheckt: ein BMI unter 30, jünger als 39, kein Konsum von Alkohol oder Drogen, abgeschlossene Familienplanung, finanzielle Absicherung, keine staatlichen Hilfen, keine mentalen Probleme oder Straftaten in der Vergangenheit, auch nicht seitens des Partners. In einem Nebensatz werden die Eizellenspenderinnen als Medizinstudentinnen dargestellt, die sich dadurch ihr Studium finanzieren. Eine Ärztin sagt, sie würde die jungen Frauen hormonell »nur wenig stimulieren«.

Strenge Teilnahmebedingungen haben kritische Stimmen verdrängt. Die Presse ist dünn vertreten, die Fassade sitzt. Einzelne Gegnerinnen sind als stumme Teilnehmende unterwegs. Zwei von ihnen berichten, sie seien an ihrer Stofftasche mit dem Logo von Terre des Femmes erkannt worden. Zwei Securitymänner hätten sie aufgefordert, die Messe umgehend zu verlassen. Als sie argumentierten, sie wollten sich nur umschauen, wurde mit Polizei gedroht.

Im Vorfeld der Messe hatte die Frauenrechtsorganisation den Veranstalter in einem offenen Brief dazu aufgefordert, Organisationen, die für hierzulande illegale Methoden werben, von der Messe auszuschließen. Mit Leihmutterschaft und Eizellspenden gingen erhebliche gesundheitliche Risiken einher. Die Körper von benachteiligten Frauen würden ausgebeutet. Das globale Geschäftsmodell beruhe auf sozialer Ungleichheit und Machtverhältnissen. Das Abhängigkeitsverhältnis zu den Bestelleltern sei groß. Nicht die Frauen, sondern die Vermittlungsagenturen, die Kinderwunschkliniken und ihre Mitarbeitenden seien die Profiteure.

Einen ähnlichen Standpunkt vertreten zwei Frauen vom Verein »Gen-ethisches Netzwerk«, die am Ende eines Vortrags Flugblätter verteilen. Unter dem Titel »Wer bringt die Eier? Ist nicht egal!« prangern sie die Ausbeutung der Frauen an. Ökonomische Zwangslagen und soziale Ungleichheiten seien Bedingungen dafür, dass Frauen ihre Körper für fremdnützige medizinische Eingriffe zur Verfügung stellen.

Auf den Flyer wirft der fröhliche Lobbyist ein schnelles Auge – und zischt herab: »Es sind Extremisten.«

Eine unabhängige Expertin für Reproduktionsmedizin bestätigt: Fast alle Leihmütter, die sie in der Ukraine interviewte, hätten vor, mit dem Geld eine dringend notwendige medizinische Behandlung ihrer Kinder oder von Verwandten zu finanzieren.

Laut dem Flugblatt des Netzwerks ist die Eizellenentnahme mit folgenden Risiken verbunden: »Blutungen und Infektionen, ovarielles Überstimulationssyndrom und mögliche Folgen für die Fruchtbarkeit infolge der Vernarbung der Eierstöcke«. Leihmütter verpflichteten sich zu einem rigiden Regime bei Medikamenteneinnahme und Kontrollen. Im Falle eines auffälligen Befundes müssten sie einen Schwangerschaftsabbruch oder die Reduktion der nach Hormonbehandlungen relativ häufigen Mehrlingsschwangerschaften je nach Wunsch der Auftraggeberinnen akzeptieren.

In ihrer mit dem Prix Italia 2022 prämierten Rundfunksendung »Babys für die Welt« beschreibt die Journalistin Inga Lizengevic, wie eine ukrainische Leihmutter zu einer Spätabtreibung eines gesunden Sohnes gedrängt wird. Der Bestellvater, ein Single, wünschte sich ein Mädchen. Die Klinik hatte einen Fehler bei der Auswahl der Embryos gemacht.


Merchandise mal anders: Neben Yogastunde und Smoothies werden auch Werbestifte mit Spermien und Eizelle verteilt

Gutes Geschäft trotz Krieg

Zurück zum schönen Schein der Berliner Messe. Auf dem Programm stehen Vorträge von Wladislaw Feskow, einem Verwandten von Alexander Feskow, der laut Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik als Klinikbetreiber der Feskov Human Reproduction Group in der Ukraine wegen Menschenhandels angeklagt ist. Sechs Mitarbeiter der Kinderwunschklinik stünden unter Verdacht, mit Kinderhandel 1,2 Millionen Euro verdient zu haben.

Feskow erscheint doch nicht auf der Berliner Messe. Er sei durch den Krieg verhindert, erklärt eine lächelnde Mitarbeiterin und lädt zum Gespräch am Stand Nummer 340 ein. Dort stehen Interessierte teilweise Schlange. Am etwas vereinsamten Stand zum Thema Adoption fasst sich eine Besucherin an den Kopf: Sie verstehe nicht, wie Eltern sich noch Kinder von Leihmüttern im Krieg wünschen können. Auch das Europäische Parlament verurteilte im Mai 2022 die Praxis der Leihmutterschaft, insbesondere »im Kontext eines Krieges«.

Auf den Plakaten des feministischen Protests gegen die Messe steht: »Frauenkörper sind nicht zu mieten, Frauen sind keine Babymaschinen, ein Wunsch ist kein Recht«, »Kinder sind keine Ware« und »Leihmutterschaft ist Frauenhandel«. Auf ihrem Flyer heißt es: »Wir verstehen den tiefen Wunsch vieler Menschen nach Elternschaft. Doch bei allem Verständnis sind Grenzen dort zu ziehen, wo die Erfüllung des Kinderwunsches zu Lasten anderer Menschen geht und gegen ethische Grundsätze verstößt.«

In der heilen Welt der Fortpflanzungsindustrie gibt es eine Yogastunde, Smoothies und Ernährungstips zur Verbesserung der Darmflora. Die Strapazen, die auch die Kaufeltern erwarten, werden schön unter den Teppich gekehrt. Ausführlich werden die Schritte bis zum positiven Schwangerschaftstest der Leihmutter beschrieben. Ab dann wirkt es wie ein Katzensprung, bis das Baby »zu Hause« bei den Bestelleltern ist. Der quälende Umgang mit den überflüssigen Embryos – teuer lagern oder entsorgen –, mit den Fehlversuchen bei der Einpflanzung, mit den Fehl- oder Frühgeburten der Leihmutter – alles höchstens ein Randthema. Empfohlen wird jedoch eine teurere Garantieoption, die immer wieder neue Versuche kostenlos ermöglicht. Und auch eine Lebensversicherung zugunsten der Leihmutter, damit ihre Familie und Kinder abgesichert seien, falls »etwas« passiere.

Die Frage nach der Ablehnung oder Akzeptanz eines Kindes mit Behinderung taucht kaum auf. Wer nachfragt, bekommt die Antwort, durch das Testen und die Auswahl der Embryos seien die Risiken von Erbkrankheiten oder Fehlgeburten niedriger als bei auf übliche Weise gezeugten Kindern.

Wie es mit dem späteren Auskunftsrecht des Kindes auf seine Herkunft aussieht – Fehlanzeige bei der Messe. Anonyme Eizell- oder Samenspenden aus dem Ausland werden als problemlos dargestellt. Der Kontakterhalt mit der Leihmutter oder der Eizellenspenderin gilt als freiwillige Option – und ist durch die Fremdsprache meistens mühsam.

Detailliert wird beschrieben, wie das deutsche Verbot zu umgehen ist. Eine Schlüsselrolle spielen die deutschen Konsulate, die eine ausländische Geburtsurkunde mit den Namen der Bestelleltern meistens anerkennen. So bekommt das Baby ein Ausreisevisum nach Deutschland. Nach der Einreise wehrt sich kaum eine deutsche Behörde gegen das frisch gekaufte Elternglück. Nicht zuletzt, weil niemand wüsste, wer das vorgelegte Baby sonst betreuen sollte.

Auch in diesem Jahr sah die Pressestelle des Berliner Senats für Gesundheit »keine rechtliche Handhabe, die Messe vorab zu untersagen«. Nicht verboten sei, über die verbotenen Verfahren zu informieren. Drei Frauen haben Klagen oder Meldungen gegen die diesjährige Messe eingereicht.

Ob das Gesetz zur Fortpflanzungsmedizin eine Änderung braucht, soll eine neue Kommission im Bundesgesundheitsministerium entscheiden. Im April fängt ihre Arbeit an.

Quelle: junge Welt
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Bastian Gruber
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