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Zusammenfassung

Autor Kasper
 - 13. Januar 2023, 07:53:51
❓ ARMUT IN DER BRD
Hätte, hätte, Panzerkette

Größtes Defizit seit 20 Jahren: 700.000 Wohnungen fehlen. Bündnis fordert »Sondervermögen« für sozialen Wohnungsbau

Nach der Wahl wurden die Prioritäten etwas deutlicher: Das angekündigte Budget für Sozialwohnungen wanderte in die Aufrüstung

Für Aufrüstung gibt es ein milliardenschweres »Sondervermögen«, nicht jedoch für den sozialen Wohnungsbau. Das zu ändern forderte das Bündnis »Soziales Wohnen« auf seiner Jahrespressekonferenz am Donnerstag in Berlin. Die Summe, die das Bündnis, an dem sich neben dem Mieterbund und der Gewerkschaft IG BAU auch Sozialverbände und Branchenvertretungen der Bauwirtschaft beteiligen, verlangt, ist allerdings deutlich geringer. 50 Milliarden Euro solle der Staat für den Neubau von 380.000 Sozialwohnungen bis zum Ende der Legislaturperiode bereitstellen. Damit könnte die Bundesregierung dem selbstgesteckten und bisher weit verfehlten Ziel von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr gerecht werden.

Wie groß der Bedarf an Wohnungen insgesamt ist, legte das Verbändebündnis anhand zweier Studien dar. Im Jahr 2022 baute sich mit über 700.000 fehlenden Wohnungen das größte Defizit seit mehr als zwanzig Jahren auf. Kamen im Jahr 1987 in Westdeutschland auf 100 Mieterhaushalte 25 Sozialwohnungen, ist die Zahl aktuell auf fünf zurückgegangen, wie Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts in Hannover, erläuterte. Dabei hätten derzeit offiziell elf Millionen Mieterhaushalte einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und somit auf eine Sozialwohnung. Aber nur für jeden Zehnten davon gibt es aktuell eine. Und der Bedarf werde noch einmal deutlich ansteigen. Infolge des Kriegs in der Ukraine habe 2022 die Zahl der Geflüchteten hierzulande einen Rekord erreicht. 2022 lebten rund 1,5 Millionen Menschen zusätzlich in Deutschland. »Wer in die BRD flüchtet und längere Zeit bleibt, ist auf den sozialen Wohnungsmarkt angewiesen«, so Günther.

Damit wird deutlich: Es fehlt in erster Linie an bezahlbarem Wohnraum. Aber wie die Wohnungswirtschaft diese Situation ausnutzt, um immer höhere Profite aus ihren Mietern herauszupressen, war nicht das Thema dieser Pressekonferenz. Die Lösung sehen die am Bündnis beteiligten Organisationen einmal mehr in dem Instrument »Bauen, Bauen, Bauen«. Und dafür brauche es einen »Juckreiz«, damit Verbände und Unternehmen in den sozialen Wohnungsbau einsteigen, wie der Vizevorsitzende der IG BAU, Harald Schaum, die »nötigen« finanziellen »Anreize« bezeichnete. Dazu gehöre etwa auch ein Steuerpaket für den sozialen Wohnungsbau. Allein durch die Reduzierung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent wäre eine durchschnittliche Sozialwohnung von 60 Quadratmetern Wohnfläche um mehr als 20.000 Euro günstiger zu bauen. Damit einhergehen könnte – nebenbei bemerkt – eine längerfristige Sozialbindung für die so errichteten Wohnungen. Ein weiterer Anreiz wären schnellere und unbürokratischere Genehmigungsverfahren.

Ein Aspekt, der den Forderungen des Bündnisses in den Augen der Bundesregierung Nachdruck verleihen könnte, ist der Mangel an Arbeitskräften. Künftig sei der deutsche Arbeitsmarkt auf 300.000 bis 500.000 Menschen angewiesen, die pro Jahr zuwanderten. Ohne sie würde etwa der Sozial- und Gesundheitsbereich zusammenbrechen, erklärte Janina Bessenich, Geschäftsführerin des Caritas-Fachverbandes Behindertenhilfe und Psychiatrie. Aber schlechte Bezahlung und teure Wohnungen sind eher keine Anreize, um nach Deutschland zu kommen. Es sei denn, die Not andernorts ist noch größer. Vielleicht gehört das zum Kalkül der Bundesregierung bei ihrem außenpolitischen Kurs.

Quelle: junge Welt