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Zusammenfassung

Autor Liam
 - 30. Juni 2022, 10:46:35
Gipfel des westlichen Militärpakts: Russland als »direkteste Bedrohung«, China als »Herausforderung«. US-Präsident will »Natoisierung Europas«

Die NATO hat am Mittwoch auf ihrem Gipfeltreffen in Madrid ein neues Strategisches Konzept beschlossen und sich auf den Aufbau eines neuen Streitkräftemodells von gewaltigen Dimensionen und in hoher Einsatzbereitschaft geeinigt. Schwerpunkt ist der Aufmarsch an der sogenannten Ostflanke. Die Staats- und Regierungschefs des Militärpakts stimmten darüber hinaus dem NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens in aller Form zu. US-Präsident Joseph Biden sprach mit Blick auf die Norderweiterung des Bündnisses und auf seine neue militärische Formierung von der »Natoisierung Europas«.

Das neue Strategische Konzept der NATO richtet sich vor allem gegen Russland, das als »bedeutendste und direkteste Bedrohung« etikettiert wird. Ferner nimmt das Papier, dessen Vorläufer aus dem Jahr 2010 China noch überhaupt nicht erwähnt hatte, nun auch die Volksrepublik ins Visier, die als eine »Herausforderung« für »Sicherheit, Interessen und Werte« des Militärpakts eingestuft wird. Schließlich benennt das Strategische Konzept noch den Klimawandel als eine »prägende Herausforderung unserer Zeit«.

Das neue NATO-Streitkräftemodell, das in den vergangenen Tagen wahlweise New Force Model oder Allied Reaction Force (ARF) genannt wurde, sieht einen weitreichenden Umbau der Truppenstrukturen in Europa vor. Wurden bislang die rund 40.000 Soldaten der NATO Response Force (NRF) in hoher Einsatzbereitschaft gehalten – einsatzbereit binnen maximal 30 Tagen –, so soll dies künftig für mehr als 300.000 Soldaten gelten, wobei der Zeitraum für die Herstellung von Einsatzbereitschaft je nach Einheit zwischen zehn und 50 Tagen schwanken soll. Vorgesehen ist, dass die Truppen sich auf je ein Territorium spezialisieren – vor allem in Ost- oder Südosteuropa –, in dem sie auch Manöver durchführen und Waffenlager anlegen. Für die Bundeswehr, die 15.000 Soldaten für die neue Streitkräftestruktur bereitstellen will, stünde wohl Litauen als potentieller Einsatzort fest.

Aufgestockt werden, wie Biden bestätigte, auch die US-Streitkräfte in Europa – auf mehr als 100.000 Soldaten. Unter anderem richten sie in Polen ein neues festes Hauptquartier ein und entsenden zwei zusätzliche F-35-Geschwader nach Großbritannien. Die US-Truppen in der Bundesrepublik sollen ebenfalls erweitert werden – um über 600 Luftverteidigungskräfte. Laut Auffassung des Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, befinde sich die NATO auf dem Weg zur alten Raumverantwortung und damit zu einem »Kalten Krieg 2.0«.

Nicht zuletzt die NATO-Norderweiterung rief in Russland Warnungen vor einer weiteren Zunahme der Spannungen hervor. Moskau betrachte sie »als einen rein destabilisierenden Faktor«, erklärte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Berlin hingegen gab sich sehr zufrieden. Weil Finnland und Schweden »starke eigene Armeen« hätten, mache ihr Beitritt »auch die NATO stärker«, lobte Außenministerin Annalena Baerbock. Die Norderweiterung stand bis zuletzt in Frage, da die Türkei ihre Zustimmung von Zugeständnissen der beiden Beitrittsländer abhängig machte. Diese erklärten sich am Dienstag abend bereit, härter gegen linke Kurden, insbesondere die PKK, und Anhänger von Fethullah Gülen vorzugehen. In einem ersten Schritt geht es um 33 Auslieferungsanträge der Türkei.

Am Nachmittag kamen die NATO-Staats- und Regierungschefs mit ihren Amtskollegen aus Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland zusammen. Kern der Gespräche war das gemeinsame Vorgehen gegen China.

Quelle: junge Welt