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Zusammenfassung

Autor Armin
 - 22. Juli 2022, 08:58:57
Die EU bereitet Notstandsmaßnahmen für den Winter vor. Das Recht dazu hat sie sich schon 2017 erteilt

Für den Spiegel, die größte Ansammlung verbalradikaler und kaltschnäuziger Waffenliebhaber auf deutschem Boden, ist es ein weiterer Schritt »auf dem Weg in die Kriegswirtschaft« (online, 20. Juli). Das ist nicht etwa kritisch gemeint, sondern mit stolz getragenem Jubel verbunden. Für die meisten Medien ist es ein »Gasnotfallplan«. Aber die Pressestelle der EU-Kommission titelt auf deren Website sachlich einigermaßen richtig: »Gaseinsparungen für den Winter: Kommission schlägt Plan zur Senkung der Gasnachfrage vor, um EU auf Lieferkürzungen vorzubereiten«.

Die Rede ist von einem Entwurf, den die Kommission – eine Art ungewählte Gesamtregierung der Europäischen Union – am Mittwoch der Öffentlichkeit präsentierte. Das Papier war kurz zuvor an die dpa »durchgesickert«. Warum der Inhalt trotzdem vorab zum Teil falsch wiedergegeben wurde, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Um als Verordnung zur geltenden Politik der EU zu werden, bedarf der Vorschlag der Zustimmung der Mitgliedstaaten. Zur Entscheidung sollen sich deren Energieminister am nächsten Dienstag zu einer Sondersitzung in Brüssel treffen.

»Aktion Eichhörnchen«

Die Verordnung, falls sie wirklich beschlossen wird, »würde allen Mitgliedstaaten das Ziel vorgeben, die Gasnachfrage im Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. März 2023 um 15 Prozent zu senken. Sie würde der Kommission auch die Möglichkeit geben, nach Konsultation der Mitgliedstaaten einen ›Unionsalarm‹ für die Versorgungssicherheit auszurufen. Damit würde allen Mitgliedstaaten eine verbindliche Senkung der Gasnachfrage auferlegt«, schreibt die Pressestelle der EU-Kommission. Falls einzelne Länder in Energienot geraten, können sie »Gassolidaritätslieferungen« durch besser versorgte Staaten der Gemeinschaft beantragen. Sie müssen dann allerdings »nachweisen, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, um die Nachfrage im Inland zu senken«.

Der Appell an alle Mitglieder der Union, ihren Gasverbrauch bis Ende März nächsten Jahres um 15 Prozent zu senken, ist nicht mit verbindlichen Vorgaben verbunden, sondern enthält lediglich Ratschläge und Empfehlungen. Zu Einsparungen sind »alle Verbraucher, Behörden, Haushalte, Eigentümer öffentlicher Gebäude, Energieversorger und Industrieunternehmen« gleichermaßen aufgerufen. Um das Vorhaben politisch abzustützen, fordert die EU-Kommission »alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in großem Maßstab Sensibilisierungskampagnen für einen sparsamen Umgang mit Heizung und Klimatisierung durchzuführen«. Mit Propagandafeldzügen wie in der ersten Hälfte der 1960er Jahre (»Aktion Eichhörnchen«, »Aktion Gemeinsinn«) muss gerechnet werden.

SOS von 2017

Die deutsche Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beschwört in diesen Tagen unermüdlich die komplette Einstellung der russischen Erdgaslieferungen als angeblich realistische Gefahr. Wenn das einträte, wäre allerdings die Einsparung von 15 Prozent des Verbrauchs keine entscheidende Hilfe. Für den Kauf von Gas aus anderen Quellen gibt der Weltmarkt kaum noch etwas her. Die EU-Kommission räumt in ihrem Entwurf ein, dass »eine Umstellung auf Kohle, Öl oder Kernenergie (...) als vorübergehende Maßnahme erforderlich sein könnte«. Das ist nicht nur ökologisch problematisch, sondern wird im Fall des Erdöls auch dadurch begrenzt, dass es kaum Reserven auf dem Markt gibt.

Weder die EU-Kommission noch die deutsche Bundesregierung haben bisher zu erklären versucht, was Grund und Zweck der angestrebten neuen Verordnung sein soll. Worin unterscheidet sie sich überhaupt von der Verordnung 2017/1938, die von der EU am 25. Oktober 2017 »zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung« beschlossen wurde? Dieses 56 Seiten umfassende Papier enthält in detaillierter Form bereits das gesamte Instrumentarium des jetzt vorgestellten Kommissionsentwurfs. Die intern und in den Medien so bezeichnete »SOS-Verordnung« von 2017 sieht auch die rechtliche Möglichkeit vor, auf Antrag eines Mitgliedstaates einen regionalen oder unionsweiten Notstand auszurufen und »Solidaritätsmaßnahmen« umzusetzen.

Quelle: junge Welt