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ZitatHintergrund: »Kornkammer« mit Grenzen
»Wir holen raus, was wir können.« So kommentierte die Chefin von DB Cargo, Sigrid Nikutta, kürzlich im ZDF die »Getreidebrücke«, die europäische Bahnen unter Federführung der deutschen eingerichtet haben – ohne auch nur einen halben Gedanken an historische Doppelbödigkeiten wie die Ausplünderung der Ukraine durch das deutsche Militär 1918 und 1941–44 zu verschwenden. Kein Wunder: Die »Kornkammer Europas«, als welche die Ukraine durch die Planungen deutscher Strategen in den beiden Weltkriegen spukte, ist das Land längst nicht mehr. Mit 33 Millionen Tonnen produzierten Getreides wächst auf den legendären Schwarzerdeböden der Ukraine nur ein knappes Viertel dessen, was die Intensivlandwirtschaft der EU produziert: 139 Millionen Tonnen Getreide aller Art.
Trotzdem ist die Ukraine ein bedeutender Teilnehmer am globalen Markt für Getreide und Ölsaaten. Nach Angaben der EU-Kommission entfallen auf sie zehn Prozent des weltweiten Markts für Weizen, 13 Prozent für Gerste, 15 Prozent bei Mais und – da hat sie tatsächlich eine marktbestimmende Stellung inne – 50 Prozent bei Sonnenblumenkernen.
Als Hauptleidtragende der Sperrung der ukrainischen Schwarzmeerhäfen gelten der Libanon, Ägypten und Tunesien sowie Sri Lanka. Für EU-Europa ist die Ukraine eher als Ursprungsland von Spezialkulturen von Bedeutung: So berichtete die Süddeutsche Zeitung vor einigen Tagen auf der Titelseite, dass in Frankreich der beliebte körnige Senf »Moutarde à l'ancienne« knapp werde.
Trotzdem dürften sich die Auswirkungen der Exportblockade über ukrainische Häfen für die EU in Grenzen halten. Der Mitteldeutsche Rundfunk sendete vor einigen Tagen eine Reportage, wonach die bisher auf Rohstoff aus Osteuropa angewiesene Senfmanufaktur im thüringischen Altenburg inzwischen ihre Senfkörner von einem Landwirt aus der Region anbauen lasse und sich sogar freue, weil sie das Produkt dann als »100 Prozent Altenburg« vermarkten könne.
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