🏞 Lech - Kissing & Burgstall
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Kissing (Gemeinde)
Bild 2: Der hochmittelalterliche Burgstall mit der Wallfahrtskapelle
Kissing (https://de.wikipedia.org/wiki/Kissing) (boarisch
Kissing (https://bar.wikipedia.org/wiki/Kissing)) ist eine Gemeinde im schwäbischen Landkreis Aichach-Friedberg und liegt rund fünf Kilometer südlich der Stadtgrenze von Augsburg.
In römischer Zeit führte die sogenannte Via Julia von Norden nach Süden durch Kissing. Diese bedeutende Fernstraße verband die Provinzhauptstadt Augusta Vindelicorum (Augsburg) mit Iuvavum (Salzburg). Zudem verlief eine Abzweigung über den Fernpass. Am nördlichen Rand des Gemeindegebiets wurden in frührömischer Zeit zwei Kleinkastelle angelegt, die möglicherweise mit der Landeserschließung und dem Aufbau einer inneren Organisation und Infrastruktur für die neue Provinz Rätien, zu der das Kissinger Gemeindegebiet gehörte, zu tun gehabt haben könnten.
Ein ,,Kisingas" erscheint bereits im Jahr 763 im ältesten Freisinger Traditionsbuch. Reginpert, der Stifter des Klosters Scharnitz stattete damals das junge Kloster mit den Gütern seines Erbteiles aus. Ob es sich hierbei um das Kissing an der alten Römerstraße zum Fernpass handelte, ist nicht zweifelsfrei zu klären. Das Kloster wurde dem hl. Petrus geweiht. Auch in Kissing hat sich eine Peterskirche erhalten, deren Gründung wohl auf das Frühmittelalter zurückgeht. Zudem wird in dieser Quelle ein ,,Pahara" genannt, das wohl als das nahe Bachern (Friedberg) zu identifizieren ist. Die erste sichere Ersterwähnung ist aus dem Jahre 935 und lautet ,,Chissingun". Der Name geht jedenfalls auf den althochdeutschen Männernamen Kiso/Cisso mit -ing zurück.
955 wurden sicherlich auch auf Kissinger Gemeindegebiet einige Kampfhandlungen der Schlacht auf dem Lechfeld ausgetragen. Eine kleinere Ungarnschutzburg hat sich neben dem Schlossgut Mergenthau auf dem Lechfeld erhalten (Ringwall im Ottmaringer Holz).
Zwischen 972 und 976 übergab der freisingische Vasall Jakob dem dortigen Bischof sein Eigentum in ,,Kisinga" und ,,Salahahe".
Bis gegen 1031 findet sich der Ortsname noch mehrmals in verschiedenen Schreibweisen in den Freisinger Traditionsbüchern. 1085 erscheint ein Adalbero de Chissingin als Zeuge in einer Urkunde des Klosters Habach. Die Edelfreien von Kissing saßen auf ihrer Turmhügelburg in der Nähe der Pfarrkirche.
Das Dorf entwickelte sich um die Peterskirche herum, deren Patrozinium auf das hohe Alter des kleinen Gotteshauses verweist. In der Nähe haben sich auf dem Fuchsberg (Eierberg) Reste einer frühen Burganlage erhalten. Um 1200 begann man mit der Errichtung einer größeren, wehrhaften Pfarrkirche auf der südlich der Peterskirche gelegenen Geländezunge.
Als der Augsburger Bischof Udalschalk im Jahr 1202 verstarb, vermachte er dem Bistum seinen Eigenbesitz in Kissing. Udalschalk stand in naher Beziehung zu den Welfen oder stammte gar selbst aus diesem Geschlecht. Nordöstlich von Kissing haben sich die ausgedehnten Erdwerke der welfischen Burganlage Mergenthau um das heutige Schlossgut erhalten. Der Bischof hatte die Güter wohl vom 1191 verstorbenen letzten Welfen geerbt.
Gegen Mitte des 15. Jahrhunderts wurden in einem ,,Ehaftbuch" die Rechts- und Herrschaftsverhältnisse der ,,Grafschaft" Kissing niedergelegt. 1447 verlieh Bischof Peter von Schaumberg das Dorfgericht für 2000 ungarische Gulden an Hans Meuting. In der Folge kam es immer wieder zu Streitigkeiten mit dem bayerischen Landgericht zu Friedberg. Am 12. Juli 1571 wurde deshalb ein Vertrag unterzeichnet, der die Hofmark Kissing der bayerischen Blutgerichtsbarkeit unterstellte. Die niedere Gerichtsbarkeit verblieb beim bischöflichen Richter. Die Bevölkerung musste sich dem Herzog unterwerfen und Leib- und Landsteuer abführen.
Trotz dieses Vertrages kam es weiterhin zu Konflikten zwischen dem Hochstift und Bayern. Unter Bischof Heinrich von Knöringen empfahl das Domkapitel aus diesem Grund den Verkauf der Hofmark an die Jesuiten. Kissing lag ungünstigerweise auf der bayerischen Lechseite. Man hielt es für besser, ,,im Land Schwaben ein anders gelegnes Gueth dagegen gleich einzuthuen".
Der Verkauf wurde am 7. Juli 1602 bestätigt und am 18. Februar 1603 notariell beglaubigt. Die Herrschaft kam für 42.500 Gulden an das Jesuitenkolleg St. Salvator zu Augsburg. In den nächsten vier Jahrzehnten erwarben die Jesuiten systematisch die meisten sonstigen Herrschaftsrechte im Ort hinzu.
Während des Spanischen Erbfolgekrieges wurde das Gut der Jesuiten auf dem Areal der alten Welfenburg Mergenthau verwüstet. Zwischen 1713 und 1715 entstand das erhaltene barocke ,,Tusculum" (Landhaus), dessen Architekturgliederung heute allerdings verstümmelt ist. Gleichzeitig errichtete man das Schlösschen unter der Pfarrkirche als Sitz des Landrichters.
Kissing gehörte dem Jesuitenorden bis zu dessen Auflösung im Jahr 1773. Die Hofmark blieb bis 1848 bestehen, wurde jedoch ab 1803 in das bayerische Staatswesen überführt. Kissing wurde dem Landgericht (später Bezirksamt) Friedberg zugeteilt. Für kurze Zeit gehörte das Dorf dem Lechkreis (Augsburg) an, wurde dann zum Isarkreis (München) und schließlich zum Donaukreis (Ingolstadt) geschlagen. Zwischen 1937 und 1943 gehörte die Gemeinde zu Oberbayern. 1944 wurde der Landkreis Friedberg wegen seiner Nähe zur Großstadt Augsburg endgültig dem Regierungsbezirk Schwaben zugeteilt. 1950 bestätigte die Bevölkerung diese Entscheidung in einer Volksabstimmung.
1837 begann der Bau der Eisenbahnlinie Augsburg-München, die aber westlich am Altort vorbeiführte.
1840 zählte die Gemeinde 915 Einwohner, die fast ausschließlich von der Landwirtschaft lebten. Die meisten Gebäude waren noch mit Stroh gedeckt, was zu zahlreichen Bränden führte. Aus dem Jahr 1903 sind 10 Großbrände überliefert. Zu dieser Zeit hatten sich bereits zahlreiche Handwerksbetriebe angesiedelt. Sechs Wirtshäuser luden zur Einkehr ein.
Im Deutsch-Französischen Krieg und im Ersten Weltkrieg fielen zahlreiche Kissinger auf den Schlachtfeldern Europas. Das Kriegerdenkmal auf der Vorburg des hochmittelalterlichen Burgstalles erinnert an die gefallenen Gemeindeglieder.
Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges (1939) stieg die Einwohnerzahl auf 1665 an.
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Der
Burgstall Kissing (https://de.wikipedia.org/wiki/Burgstall_Kissing) ist eine hochmittelalterliche Turmhügelburg (Motte) auf der Lechleite südöstlich von Altkissing (Landkreis Aichach-Friedberg / Regierungsbezirk Schwaben) in Südbayern.
Auf dem Plateau der Hauptburg wurde im 17. Jahrhundert eine barocke Wallfahrtskapelle erbaut. Die nördliche Vorburg gestaltete man im 19. und 20. Jahrhundert zum Kreuzweg und zur Kriegergedächtnisstätte um.
Die kleine Turmhügelburg dürfte um 1000 herum errichtet worden sein und war der Sitz der Herren von Kissing, die 1085 mit Adalbero de Chissingin erstmals urkundlich genannt wurden.
Das Gebiet um Kissing war damals größtenteils im Besitz der Welfen (1070–1180 Herzöge von Bayern), die das direkt vor den Toren der Bischofsstadt Augsburg gelegene Gebiet um Kissing und Mering als idealen Ausgangspunkt für ihre Angriffe auf das Territorium der Bischöfe nutzen konnten. Welf IV. gelang gar 1084, 1088 und 1093 die Einnahme Augsburgs. Die große, ursprünglich welfische Burg Mergenthau liegt nur drei Kilometer nördlich auf der Lechleite (heute Schlossgut).
Inmitten dieses welfischen Besitzes saßen die edelfreien Kissinger Burgherren auf ihrer eher bescheidenen Burg. Die ungünstige Lage im direkten Einflussbereich der mächtigen Welfen und des Hochstiftes Augsburg dürfte wohl einen weiteren Territorialausbau dieser Familie unmöglich gemacht haben.
Die Burg wurde wohl noch im Hochmittelalter verlassen, aufgefundene Materialreste deuten jedoch auf einen steinernen Ausbau (um 1200) der ursprünglich wohl als Holz- oder Fachwerkkonstruktion begonnenen Aufbauten hin. Die Gründe der Aufgabe der Burg liegen im Dunkeln, auch zur weiteren Geschichte der Familie der Burgherren gibt es keine Überlieferungen.
Bereits 1498 sprechen Schriftquellen vom ,,Burgkstal" Kissing, die Innenfläche der Vorburg diente damals als Acker (uf dem Nideren Burgstal).
1907 gestaltete die Kirchengemeinde die Vorburg zum Kreuzweg und Kalvarienberg um. Die gusseisernen Kreuzwegstationen wurden allerdings bereits Ende des 19. Jahrhunderts aufgestellt.
1922 errichtete man in der Mitte ein Ehrenmal für die Gefallenen und Vermissten des Ersten Weltkrieges. Seit 1956 erinnert das Denkmal auch an die Opfer des Zweiten Weltkrieges.
Der Burgstall liegt über der zugehörigen, bis heute erhaltenen Burgmühle auf dem Lechrain südlich der Pfarrkirche. Dem steilen Erdkegel der Hauptburg ist nördlich eine kleine, durch einen mäßig tiefen Abschnittsgraben abgetrennte Vorburg vorgelagert, deren Außengräben heute noch etwa 1,5 bis 3 Meter tief erhalten sind. Eine weitere, größere Vorburg scheint südlich vorgelagert gewesen zu sein. Das ehemals wahrscheinlich ebene Plateau fällt heute durch Erdfluss nach Westen ab. Die Außengräben sind verfüllt.
Der Turmhügel ist etwa acht Meter hoch und hat die Form einer abgestumpften Pyramide, das Gipfelplateau misst ungefähr 12 mal 18 Meter. Der Höhenunterschied zum Talboden des Lechfeldes beträgt hier fast 30 Meter. Noch heute gewährt der Burghügel eine umfassende Rundumsicht, im Süden sieht man bei guter Sicht die Alpenkette von Kufstein bis nach Vorarlberg aufragen, im Nordwesten liegt das nahe Augsburg, im Westen begrenzt der Naturpark Augsburg-Westliche Wälder den Blick. Ostwärts liegen kleine, altbayerische Dörfer zwischen den sanften Hügeln.
Der Erdkegel der Hauptburg war im Hochmittelalter auf halber Höhe von einer Mauer mit wohl vier Bastionen umgeben, wie Luftbilder (Otto Braasch, 1981) eindeutig belegen. Die Ausbruchsstellen der Fundamente der beiden südlichen Basteien zeichnen sich deutlich vom Untergrund ab. Gegen die Hochfläche wird der Turmhügel durch den vorgelegten Graben abgetrennt, nach Westen bot der Steilhang genügend Schutz.
Durch die gute Erhaltung ihrer Erdwerke und die uneingeschränkte Zugänglichkeit ist die kleine Burganlage eines der anschaulichsten Beispiele einer Hochmotte in Süddeutschland. Der an Stelle des Hauptturmes errichtete, turmartige Kapellenbau vermittelt zudem einen Eindruck von der optischen Wirkung einer solchen frühen Adelsburg.
Im näheren Umkreis finden sich noch einige weitere hochmittelalterliche Turmhügel. Nur wenige hundert Meter nördlich sind auf dem Fuchsberg die Reste einer solchen Burganlage (Burgstall Fuchsberg) erhalten. Am Ortsrand des sechs Kilometer östlich gelegenen Bachern liegt sogar ein Gegenstück des Kissinger Erdkegels auf einem Höhenzug (Burgstall Bachern).
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege verzeichnet das Bodendenkmal als mittelalterlichen Burgstall unter der Denkmalnummer D 7-7731-0003.
Das geräumige Plateau der Hauptburg wurde ab 1681 im Auftrag der Jesuiten mit der kreuzförmigen Burgstallkapelle zur Schmerzhaften Muttergottes überbaut. Die Pläne des Neubaues werden manchmal dem Münchner Meister Giovanni Antonio Viscardi zugeschrieben. Die kirchliche Weihe als eines der ersten Barockbauwerke der Gegend erfolgte 1685.
Der kuppelgekrönte Barockbau ersetzte eine ältere, 1641 als Martersäule erwähnte Andachtsstätte. Ein Teil des zugehörigen gemauerten Bildstockes wurde in die Mensa des Kapellenaltares integriert.
Der Barockaltar mit dem Gnadenbild wird durch ein prächtiges, schmiedeeisernes Gitter (1751) vom Laienraum abgetrennt. Das ursprüngliche Gnadenbild verbrannte 1790, die heutige Schmerzhafte Mutter Gottes ist eine Nachbildung aus dem 19. Jahrhundert (um 1860). Der doppelsäulige Gnadenaltar ist das Werk des Augsburger Hofbildhauers Ignatius Verhelst (um 1762). Bemerkenswert sind die beiden gotisierenden Statuen (um 1658/59) der heiligen Stephanus und Laurentius, die ursprünglich in der nahen Pfarrkirche standen. Die Figuren werden David Degler aus Weilheim in Oberbayern zugeschrieben. Der Autor des 2007 erschienenen neuen Kissinger Kirchenführers datiert die beiden Figuren allerdings ins frühe 16. Jahrhundert.
Die Kapelle wurde später mehrmals verändert und im Inneren mit Emporen versehen. Gründe für diese Veränderungen waren der wachsende Zustrom von Wallfahrern und ein Brand nach einem Blitzschlag von 1790. Der Wessobrunner Stuck der Erbauungszeit wurde um 1731 durch Bandelwerk ergänzt. Die Fresken (um 1735) zeigen unter anderem die "Verkündigung" und die "Flucht nach Ägypten".
Aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind einige Einbrüche und Diebstähle überliefert. Zeitweilig musste gar ein Wächter auf der Empore übernachten.
In den Jahren 1982 bis 1984 wurde das akut einsturzgefährdete Gotteshaus aufwändig renoviert und ist tagsüber meist geöffnet. Die Sanierung des Kissinger Wahrzeichens konnte nur durch die ehrenamtliche Mithilfe engagierter Bürger durchgeführt werden. Insgesamt wurden 2772 freiwillige Helferstunden erbracht.
Den Aufgang zur Kapelle bildet eine dreibogige Backsteinstiege, unter dem ersten Bogen befindet sich eine ältere Gruft-Kapelle mit einer barocken Statue des "Christus an der Geißelsäule" von Joh. Caspar Öberle (1743).
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