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🔷 Freistaat Bayern, Adolf Hitler: Versuchte Ausweisung aus Bayern

Begonnen von Michi, 14. Juli 2024, 12:05:19

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Topic keywords [SEO] Adolf HitlerÖsterreichBayernFreistaatAusweisungVersuchteStaatenlosHochverat

Michi

🔷 Freistaat Bayern, Adolf Hitler: Versuchte Ausweisung aus Bayern


Adolf Hitler

Adolf Hitler (NSDAP, 1889-1945, Reichskanzler 1933-1945) vor seiner Machtübernahme als straffällig gewordenen oder politisch unliebsamen Österreicher aus Deutschland auszuweisen – dies erscheint in der Rückschau als faszinierende Idee, weil dadurch vielleicht seine Wirkungsmöglichkeit beendet oder schwer beeinträchtigt worden wäre. Die wenigen konkreten Versuche von 1922 bis 1924 zeigen jedoch, dass dies unter den damaligen Umständen faktisch nicht möglich war.

Erster Versuch 1922
Die erste Überlegung, den in Braunau (Oberösterreich) geborenen Adolf Hitler (NSDAP, 1889-1945, Reichskanzler 1933-1945) als unerwünschten Ausländer aus Deutschland in sein Heimaland auszuweisen, datiert von 1922. Am 10. März hatte der Abgeordnete und bekannte Revolutionsführer Ernst Niekisch (USPD, 1889-1967) im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags Hitler als eines der "beunruhigsten" Elemente in Bayern bezeichnet, der aber immer noch nicht ausgewiesen sei. Der damalige bayerische Innenminister Franz Schweyer (BVP, 1868-1935, Innenminister 1921-1924) erklärte, man erwäge die Ausweisung, doch habe Hitler noch eine Gefängnisstrafe abzusitzen (am 12. 1. 1922 wegen Landfriedensbruch zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt: in Stadelheim nur vom 26. 6. bis 27. 7., auf Bewährung entlassen); dann werde man weitersehen (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Landtag 14720, Sitzung vom 10. März, 8f).  Daran knüpft sich bis heute eine Kontroverse, weil Niekisch in seinen Memoiren 1958 behauptete, in einer Besprechung der Fraktionsvorsitzenden bei Schweyer kurz darauf habe sich allein Erhard Auer (SPD, 1874-1945) gegen eine Ausweisung gestellt, da dies undemokratisch und Hitler nur eine komische Figur sei (Niekisch, Leben, 109). Dies ist jedoch sehr zu bezweifeln, da Schweyer im Untersuchungsausschuss des Landtags zum Hitlerputsch 1927 vor allem der rechtsgerichteten Presse und der damals geteilten Meinung in der Regierung die Schuld daran gab, mittlerweile auch der intensive Kampf Auers gegen Hitler und seine Auftritte im einzelnen nachgewiesen ist (Schmalzl, Auer, 458-466). Hitler selbst bezeichnete sich am 10. April 1922 (in Bezug auf eine Mahnung von Ministerpräsident Hugo Graf von Lerchenfeld (1871-1944) im Landtag am 5. April an den Führer der Nationalsozialisten, seine Hetze einzustellen und das Gastrecht nicht zu missbrauchen) im Völkischen Beobachter in einer von Beleidigungen strotzenden "Antwort" als wirklichen Deutschen, wobei er neben seinem bayernnahen Geburtsort, seiner Zeit in Passau und nun in München und seinem Kriegsdienst vor allem auf ein größeres Deutschland des Blutes und der Würde verwies, das künftig ihm ein Staatsbürgerrecht zuweisen würde, das nicht aus den Händen "jüdischer Staatskommissare" komme (Jäckel/Kuhn, Hitler, 601).

Ausweisung als Strafe für den Hochverrat?
Die Ausweisungsfrage blieb in der Diskussion. So gab es etwa im Frühjahr 1923 einen Vorstoß der USPD-Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg (USPD, 1857-1943) und Lida Heymann (USPD, 1868-1943) sowie der BVP-Abgeordneten Ellen Ammann (1870-1932) beim Innenminister auf Ausweisung Hitlers (Düren, Minister 41). Entscheidend virulent wurde die Frage dann durch die Verurteilung Hitlers wegen Hochverrats im Hitlerprozess 1924. Paragraph 9 Absatz 2 des Reichsgesetzes zum Schutz der Republik (21. Juli 1922) schrieb die Ausweisung von Ausländern in einem solchen Fall zwingend vor. Allerdings hatte der seit September 1923 amtierende bayerische Generalstaatskommissar Gustav von Kahr (BVP, 1862-1934) angesichts des Konfliktes mit Berlin durch Erlass vom 29. September 1923 den Vollzug dieses Gesetzes, das als sozialistenfreundlich galt, vorläufig eingestellt und Polizei- und Strafverfolgungsbehörden jede Mitwirkung dabei verboten. Deshalb stellte der Erste Staatsanwalt im Hitlerprozess auch keinen Ausweisungsantrag, erwartete jedoch Überlegungen dazu vom Gericht, das der Anweisung Gustav von Kahrs formell nicht unterlag (Gritschneder, Bewährungsfrist, 56 f.). Das auf den Hitlersympathisanten Georg Neithardt (1871-1941), den Vorsitzenden des Volksgerichts, zurückgehende Urteil vom 1. April 1924 lehnte jedoch eine Ausweisung ab, da Hitler deutsch denke und fühle, viereinhalb Jahre freiwillig im deutschen Heer Soldat gewesen und dabei verwundet worden sei; deshalb sei der Paragraph seinem Sinn und Zweck nach hier nicht anwendbar.

Österreich verhindert 1924 die Ausweisung

So blieb nur die Möglichkeit, Hitler auf dem Verwaltungsweg abzuschieben. Das war auch ohne Gerichtsurteil fremdenpolizeilich möglich, etwa bei politisch unerwünschter Agitation. Ministerpräsident Eugen von Knilling (1865-1927) und die bayerische Polizei erwogen deshalb im Falle eines Freispruchs beim Prozess die Ausweisung. Eine Anfrage an die österreichische Polizei in Linz wurde, da Hitler Österreicher sei, zustimmend beantwortet.

Nach Hitlers Verurteilung brachte die drohende Freilassung auf Bewährung (20. Dezember 1924) die nächste Initiative. Doch wurde nun der bayerische Wunsch durch eine Feststellung aus Wien konterkariert, eine Übernahme sei nicht möglich, da Hitlers österreichische Staatsbürgerschaft zweifelhaft sei. Bundeskanzler Ignaz Seipel (1876-1932) wollte aus innen- und außenpolitischen Besorgnissen den Agitator nicht im Land haben und argumentierte, Hitler sei durch den Heeresdienst 1914/18 Deutscher geworden. Obwohl man in München im Oktober 1924 in einer ausführlichen rechtlichen Analyse dartun konnte, dass Österreich stets im deutschen Heer kämpfende österreichische Staatsbürger als solche anerkannt habe, beharrte Seipel auf seinem Standpunkt.

Informationen | Video | Landkarte:
Versuchte Ausweisung || Staatsgebiet


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